Problemraum Friedhof -
Gedanken zum Tag des Friedhofs 2011
Ein Artikel von Karin Geismann, veröffentlicht auf der Sonderseite der Dorstener Zeitung zum Tag des Friedhofs 2011
„Es lebe der Friedhof – ein Garten der Hoffnung“, unter diesem Motto steht der Tag des Friedhofs in diesem Jahr in Frankfurt. Der Friedhof nicht nur als Ort der Trauer, der Tränen, der Toten, sondern als Ort der Hoffnung ist in der christlichen Erinnerungskultur fest verankert.
Er ist auch ein Ort, an den man Trauer tragen und wo man wieder Kraft finden kann.
Aber viele Menschen haben diesen Bezug zum Friedhof nicht mehr.
Im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen erfährt die Friedhofs- und Erinnerungskultur einen tiefgreifenden Wandel. Das bedeutet für viele Friedhöfe große Probleme: zunehmende Monotonie durch weite Rasenflächen, ein Überangebot an Friedhofsfläche, hohe Kosten und immer mehr Konkurrenz durch Bestattungswälder, Seebestattungen, Almwiesen, Luftbestattung, Aschestreuwiesen, Kolumbarien in Kirchen… Als Orte der Erinnerung haben sie Konkurrenz bekommen durch virtuelle „Friedhöfe“ und Gedenkseiten im Internet, Kreuze am Straßenrand …
Längst haben viele Friedhofsträger mit dem Angebot naturnaher Bestattungen und neuer Gestaltungskonzepte reagiert. In Dorsten gibt es seit dem letzten Jahr eine als kleiner Park gestaltete Gemeinschaftsgrabanlage auf dem katholischen Friedhof an der Gladbecker Straße. Die Stadt Dorsten hat ein Konzept für den Waldfriedhof in Holsterhausen erarbeiten lassen.
Trotz guter Entwicklungen im einzelnen scheinen Friedhöfe immer mehr an Bedeutung zu verlieren.
Ein Blick zurück:
2001 gab es den ersten Tag des Friedhofs, geschaffen, um den Friedhof als Ruhestätte, als Ort der Trauer, aber auch als Raum für Begegnung, Besinnung und Erholung wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken.
2001 wurde auch der erste „Friedwald“ eröffnet. Heute gibt es allein von den beiden großen Anbietern „Friedwald“ und „Ruheforst“ fast 90 Bestattungswälder, hinzu kommen die von kleineren Anbietern. Nach Angaben der Verbraucherinitiative Aeternitas werden fast wöchentlich Bestattungswälder in ganz Deutschland von verschiedenen Anbietern eröffnet.
Nach einer Umfrage, die das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur im März 2011 mit TNS-Emnid durchgeführt hat, wünschen sich 48% der Befragten eine Feuerbestattung und davon wollen nur 42% eine Urnenbestattung auf einem Friedhof, 35% möchten eine Beisetzung in einem Bestattungswald oder eine andere Form der Naturbestattung, 10% eine Beisetzung in einer Urnenwand.
Über lange Zeit waren Friedhöfe ein selbstverständlicher Teil des Lebens, der Gesellschaft und der Kultur. Angesichts der neuen Entwicklungen stellt sich meines Erachtens die Frage an uns alle:
Sind unsere Friedhöfe für uns ein wichtiges Kulturgut, das wir erhalten möchten?
Wenn ja, dann sind nicht nur die Fachleute, sondern wir alle als Bürger gefordert.